Vor 130 Jahren (1881) kam es bei der Reprise von Jacques Offenbachs Oper „Les Contes d‘Hoffmann“ im Wiener Ringtheater zu einer der größten Brandkatastrophen der Geschichte, nachdem sich die Gasbeleuchtung entzündete. Als unser Wein geerntet wurde, war die Erinnerung an die fast 900 Toten wohl noch wacher. Zuletzt herrschte im Theater an der Wien sommerliche Unbekümmertheit, als das geniale Libretto von Jules Barbier ungekürzt zu hören war. Neben ironischer Zeitkritik (Napoleon III. als „Kleinzack“) wurde das Hohelied der Trunkenheit gesungen und Hoffmann erklärte uns dabei die drei Männerträume: das junge gestaltbare Mädchen, die wahre beseelte Künstlerin und die kundige Mätresse. Umgelegt auf Wein sind das zeitlose Frische, inspirierende Größe und gereifte Finesse.
Unser Lafleur bietet all dies. Um das allzu oft proklamierte (Nichtmehr-)Geheimnis wissend, dass 1950 in Pomerol ein Weltklasse-Jahrgang war, wurden meine hohen Erwartungen gar übertroffen. Wie ein sich verpuppender Schmetterling fordert das Bouquet die ganze Aufmerksamkeit. Siehe da: Edel und kapriziös entfaltet er sich vor dem gesammelten Geist. Aromen nach Zirbenholz, Baumharz und weißem Pfeffer steigen auf. Die Klarheit ist geradezu transzendent. Umso unfassbarer nach der zarten Annäherung sind der opulente Druck am Gaumen und der endlose Nachhall.
So wie es Marlis Petersen schaffte, alle drei Rollen glaubwürdig (!) zu singen, erfüllen unseres Weines labende, himbeertönige Süße und seine seidenweichen Tannine alle Nektarträume (oh Olympia, Antonia und Giulietta!). Unser Lafleur ist nicht nur der beste Pomerol von 1950, sondern einer der größten Weine, die diese Welt hervorbrachte. Wenn er seine raren Reize preisgibt, erklingt für seine wahren Liebhaber der Muse Niklausse triumphierender Schrei (im Epilog der Oper): „Nun gehört er für immer mir!“