Thomas Bernhard (er)fand in „Alte Meister“ eine probate Erklärung, warum im Wiener Kunsthistorischen Museum weder ein Goya noch ein El Greco hängen: den Kunstgeschmack der Habsburger. Sein Protagonist tröstet sich mit dem „Alten Mann“ von Tintoretto. Dessen Schaffenskraft lernte ich in Venedigs Scuola Grande di San Rocco zu bewundern, wenn auch nicht zu lieben. So ergeht es mir auch mit Sangiovese und seinen Klonen. Die Wucht von Tintorettos Riesenleinwänden ergreift den Betrachter, ob gläubig oder nicht. Auch Solderas monumentaler Wein reizt das Spektrum des Genießers mit „mundpelzenden“ Tanninen, prägnanter Säure und seinem rauchigen, rustikalen Flair aus. Er ist „dunkel“ und grobkörnig wie ein Tintoretto, der sich bei seiner Lebensaufgabe nicht im Detail aufhalten wollte; doch wer kann sich der ernsthaften Transzendenz und Magie solch düsteren Flairs entziehen!?
Case Basse ist nicht elegisch, aber ein Meisterwerk elementarer Wirkung: Balsamik (Wildgeruch), Würze, Rost und Citrus-Aromen deuten jene Möglichkeiten an, die sich in etwa zehn Jahren vollenden sollten. Auch wenn ich nicht zur Toskana-Fraktion gehöre, erkenne ich im „Weiten Land“ der Weinliebe diese burleske Seele: Von Adele Natter bis Genia Hofreiter ist wohl alles vorhanden! Zum 150. Geburtstag von Arthur Schnitzler fragen wir uns, warum in Wien noch keine Straße nach ihm benannt wurde. Schnitzler wusste aber ohnehin Bescheid: „Eleganz ist der Geschmack der anderen.“
Wolfgang Gassers unvergessliche Stimme im Ohr, fände ich es elegant, den Wiener Heldenplatz in „Thomas Bernhard Platz“ und den Volksgarten in „Arthur Schnitzler Park“ umzubenennen. Zu Füßen des Prinzen Eugen, dem es zweifellos nicht an Geschmack mangelte, erheben wir unseren Wein auf jene Dichter, die uns den Spiegel vorhalten. Dazu passt der Toast: Jedem Helden seinen Platz!