Wenn wir an das griechische Pantheon glauben wollen, verdanken wir den Wohlgeruch der Minze den Eskapaden des Hades, der die Nymphe Menthia vor der eifersüchtigen Persephone „gerettet“ habe, indem er sie in eine Pflanze verwandelte. Ihr Geruch ist eine der edelsten Ausformungen gereiften Cabernets. Dieser Sassicaia gab sein nymphisches Geheimnis erst nach Stunden preis. Dafür umso klarer und reiner (florale Bergamotte-Minze, ohne aufdringliches Menthol).
Die Assoziation führt mich ins „Bergamaskische“ von Alessandro Manzonis Jahrhundertroman „I Promessi Sposi“ (Die Brautleute), den ich 2001 in Burkhard Kroebers entstaubter Neuübersetzung las, als meine Zwillingssöhne die Nacht zum Tage machten. Manzoni bettet das Schicksal seiner Protagonisten ins Italien des 16. Jahrhunderts, als die Pest in Mailand wütete und Bischof Karl Borromäus wirkte. Auch unser Toskaner lässt erahnen, dass das Potpourri des Ganzen, aber auch der einzelne göttliche Minz-Hauch, gleichermaßen bedeutsam sind.
Kaiser Karl VI. stiftete nach dem Pestjahr zu Ehren seines Namensvetters, des damals bereits heiligen Karl Borromäus, die gleichnamige Kirche in Wien, nachdem der schwarze Tod die Stadt 1713 weitgehend verschont hatte. Michael Rottmayrs Fresken, denen der Besucher dank des Panoramaliftes allzu nahe sein darf, strahlen gerade im neuen Glanz.
Die dort dargestellte Fürbitte des hl. Karl, unterstützt durch die „Hoffnung“ im mintgrünen Umhang, ging seither öfter in Erfüllung, etwa als der 11-jährige Mozart 1767 im Domdekanat von Olmütz sechs Wochen mit den Pocken (vulgo „Plattern“) rang; sonst wäre die 6. Sinfonie F-Dur das letzte Geschenk Mozarts an die Menschheit gewesen. Auch wer nur den eigenen Sinnen vertrauen will, darf getrost fühlen, dass vielfältige Wunder (ob nun Mozarts, Manzonis, Rottmayrs oder anderer) unser Leben bereichern. Auch großer Wein gehört dazu. Salute!