Château La Mission Haut-Brion – Die Verkostung

Die Verkostung erfolgte im September 2011 bei Karl Wolf (weinart.at) am Attersee. Die älteren Jahrgänge vor 1983 sind trinkreif. Weiter lagern sollten Sie allerdings 1975 und 1982. Von den jüngeren Jahrgängen brauchen 1986, 1989, 1996 sowie 1998 noch Zeit und Flaschenreife. Falls nicht anders angegeben, handelt es sich um Château-Füllungen.

1 La Mission Haut-Brion die verkostnungLa Mission Haut-Brion.pur

Die Verkostung erfolgte im September 2011 bei Karl Wolf (weinart.at) am Attersee. Die älteren Jahrgänge vor 1983 sind trinkreif. Weiter lagern sollten Sie allerdings 1975 und 1982. Von den jüngeren Jahrgängen brauchen 1986, 1989, 1996 sowie 1998 noch Zeit und Flaschenreife. Falls nicht anders angegeben, handelt es sich um Château-Füllungen.

Laville Haut-Brion (der seltene „weiße“ La Mission)

1954 Ersteindruck erstaunlich frisch und knackig, salzige Mineralität. Im Glas entstehen rasch Terti- äraromen. Die Evolution geht von würzigen Orangenschalen in Richtung Tabak, Rosmarin und Leder.

2003 Dicht gewoben. Röst-Aromen spürbar, aber integriert. Charmant cremig, Alkoholsüße (noch) tragbar. Später auch florale Anklänge.

2004 Holz-Töne im Vordergrund, dann exotische Kokosflocken, wirkt fast oxidativ und likörig.

La Mission Haut-Brion

1909 Todessüße! Hustenzuckerl und Sherry-Töne. Strukturell noch trinkbar. Am Gaumen dünn, aber relativ frisch.

1919 Leichtgewichtig. Klare grasige Note und Thymian-Würze, die sich rasch in abgründige Terti- äraromen entwickelt. Gut konserviert. 1920 Vegetabile Kräuter-Würze, Paprika-Töne, Melissen. Geranienhaft. Aufrechte Statur: 15 Minuten stabil im Glas. „Grüne Eleganz“.

1928 Präsentes Rückgrat. Balsamik: rohes Fleisch! Tannine noch bemerkbar. Lebendig. Kein Jahrgangsprimus, aber trotz Tertiäraromen füllig, abgründig und frech.

1945 Wieder ein wunderbarer 45er! Reife Opulenz. Komplex, ohne überbordend zu sein: Petersilie, später Piment! Vegetabil, dabei reif, fest, verspielt und samtig. Wird im Glas immer besser, daher noch Potenzial in Richtung Komplexität.

1947 Mollige, portweinartige Struktur, dabei würzige Tiefe. Flair von ätherischen Ölen. PflaumenAromen. Bei aller süßen Opulenz aber komplex.

1948 Überraschend charmant und schmeichelnd. Kakaobohnen. Florale Dimensionen: VeilchenDuft! Verliert allerdings im Glas.

1949 Leichtgewichtiger als die Vorgänger, dabei aber ungemein elegant: metallische Mineralität, Graphit, Apfelkompott, Minze. Keine störenden Alterstöne.

1953 Harzig-süßes Flair, schokoladig, labend. Leder, Jod. Bereits etwas spröde. Hat den Zenit überschritten wie etwa auch der größere Lafite 1953.

1955 (Château-Füllung) Eine beachtliche, aber keine optimale Flasche des legendären „100-Punkte-Parker-Weins“: süße Medizinal-Töne, Thymian, Rumtopf, dunkle Schokolade, Kirsch-Aromen. Klare Textur, wunderbare Fülle. Tertiäraromen in Maßen, aber doch vorhanden (Leder). Tannine noch nicht ganz „hinweggeschmolzen“.

1 La Mission Haut-Brion die verkostnung 21955 (Händlerabfüllung) Hier entbrannte die Diskussion, ob das derselbe Wein wie der Vorgänger sei. Wirkt „frischer“, dabei aber leichtgewichtiger. Auch rumtopfig, aber mehr Karamell. Salbei! Deutlich schwächer als die Château-Füllung.

1959 Dieser legendäre Wein war anfänglich verschlossen. Langsam öffnete er seine süße, jahrgangstypische Opulenz. Weichseltönig, schmeichelnd, salzig unterlegt. Rund, balanciert, nachhaltig. Später „sauberer“ Leder-Geruch. Vital, aber bereits sehr „weich“.

1964 Leichtgewichtig, und klartönig, Kirsch-Aromen. Präzise, aber unauffällig.

1966 Vegetabile Grundtöne, „krautig“ und leicht jodig. Bemerkenswertes Aroma nach Baldrian. Etwas grün, aber charakterstark.

1967 Medizinal-Aromen. Wässrig. Wenig Balance und Nachhaltigkeit.

1970 Pflaumentönig (beinahe pflaumenweinig), resche Säure, leichtgewichtig.

1971 Zedernholz, Röst-Aromen, Wacholder, Schokolade. Präsente Säure, lebendige Gerbstoffstruktur. Nicht glorreich, aber bissig und saftig.

1975 Dieser „100 Punkte Parker Wein“ zeigte sich extrem verschlossen. Mineralität steigt langsam auf. Reife, aber kernige, ungemein dichte Tannine, präsente Säure. Deutet seine Autorität nur an. Stoff für noch 50 Jahre! Mindestens noch 10 Jahre lagern.

1978 Ein typisch gereifter La Mission mit Aromen nach Leder, Thymian und Medizinal-Noten, sogar Mottenkugeln. Präsent und dicht gewoben. Für Freunde charakterstarker Weine.

1981 Leichtgewichtig und tertiär charakterisiert: Pilze, Unterholz, verbrannte Erde. Allzu grün! 1982 Perfekte Balance. Die Tannine sind bereits in ein sehr reifes Stadium eingetreten. Süßer, labender, harziger Ton. Große Fruchttiefe und Nachhaltigkeit. Braucht viel Zeit. Derzeit allerdings in einer „verschlossenen“ Phase.

1983 Sehr weich und leichtgewichtig. Jodund Erd-Aromen. Pflaumen-Noten.

1985 Mittelgewichtig und animierend. Durchaus komplex: elegante, florale, parfümierte Noten. Kampfer, Minze.

1986 Dicht, aber schon ausreichend mürbe und bereits jetzt gut trinkbar (im Gegensatz zu anderen 86ern wie etwa auch dem „Bruder » Haut-Brion). Likörige Süße. Metallische Mineralität.

1988 Reintönig, klar und bissig – elegant, sauber, leicht. Cassis-Aromen.

1989 Der Spannungsbogen des berühmten Weines geht von Balsamik über Fruchttiefe bis zu vibrierender Mineralität. Der Wein ist „flashig“, ja „geil“. Würze v.a. Estragon, enorme Üppigkeit. Großartig.

1989 Haut-Brion in direktem Vergleich: Nicht ganz so expressiv, aber prä- ziser als sein Bruder. Spürbare Röst-Aromen, etwas weniger weit entwickelt: komplexe Noten nach Zedernholz, Rauch, Datteln, Pflaumen und vor allem Zimt! Für mich an diesem Abend etwas besser als La Mission und wohl auch mit grö- ßerem Potenzial.

1990 Rumtopfige Noten, Pflaume. Minze, sehr geringe Säure und likörige Alkoholsüße. Voll, opulent, wenn auch nicht allzu differenziert.

1995 Animierend, weichseltönig, schokoladig und saftig. Trinkfertige Leichtigkeit.

1996 Erstaunlich leichtgewichtig für dieses Jahr. Cassis-Töne. Paprika-Anklänge, kühlere Aromen. Hat noch etwas Potenzial.

1997 Vegetabiles Flair: starker PaprikaTon. Leichtgewichtig und unreif.

1998 Jahrgangstypisch dichte Tanninstruktur, derzeit zurückhaltend. Wird zu beachtlicher Eleganz heranreifen. Braucht dazu noch geraume Zeit (mindestens 10 Jahre).

1999 Opulente Pflaumen-Aromatik, etwas bittertönig. Ausreichende Balance, nicht allzu elegant, aber saftig.

2000 Die opulente und samtige Dichte dieses unglaublichen Weines bei superreifen Tanninen und enormer innerer Struktur sucht ihresgleichen. Weichsel-Töne, Mineralität, Würze, betörende Textur. Dabei verspielt und kokett. Einer der jahrgangsbesten 2000er und noch über dem 1989er ! Hat noch glorreiche Zeiten vor sich.

2001 Sahnige Malolaktik, Kirsch-Frucht, sehr gefällig, aber etwas plakativ. Frisch und unverschämt jung.

Weltklasse (nach Meinung des Autors):

1945: Überbordende komplexe Reife

1947: Süße Opulenz

1959: Nachhaltige Reife

1975: Der verschlossene Gigant

1982: Fruchttiefe bei perfekt reifen Tanninen

1989: Die üppige, sinnliche Legende

2000: Ein Wunder an Finesse – einer der größten Weine des Jahrhunderts