Mouton bin ich!

„Erster kann ich nicht sein, Zweiter mag ich nicht sein“ („Premier ne puis, second ne daigne, Mouton suis”) war der trotzige Wahlspruch dieses Châteaus, bis es endlich (als einziges Weingut überhaupt) im Jahr 1973 unter Landwirtschaftsminister Chirac nachträglich zum „Primeur Cru“ erhoben wurde; in der historischen Klassifikation von 1855 war Mouton „nur“ ein „Deuxième-Gut“. Die höchste Krone wurde völlig zu Recht vergeben; kein anderes Château am linken Ufer hat – allerdings bei einigen Qualitätsschwankungen – so verführerische Weine hervorgebracht.

Mouton bin ich

Einige der größten Weine des Jahrhunderts wurden hier erzeugt (1929, 1945, 1959, 1961 und 1982, um nur die wichtigsten zu nennen). „Mouton“ ist wohl originär auf den Begriff „Mothon“ zurückzuführen, was „kleine Anhöhe“ bedeutet und Bezug auf den Standort am Hügel nimmt. Andererseits ist es auch eine französische Bezeichnung für „Schaf“ (der Widderkopf ist das Wappentier des Gutes). Die wechselhafte Geschichte des Weinbaus geht bis 1300 zurück und fand ab dem 17. Jahrhundert mit der Familie Ségur, der endgültigen Grenzziehung zum Nachbarn Lafite und der Veräußerung an die Familien de Brane und Thuriet mehrfach urkundliche Erwähnung.

Von Nathaniel zu Philippe

Mouton ist aber letztlich das Lebenswerk eines Mannes, der beinahe so lange regierte wie Ludwig XIV., nämlich von Philippe de Rothschild, der das Château 1922 im Alter von 20 Jahren übernahm und bis zu seinem Tod im Jahr 1988 führte. Auch der „Stil“ war ähnlich, da der Baron seinen Geschäften gerne im Morgenmantel nachging. Seit seinem Tod ist dessen Tochter Philippine verantwortlich, die als Künstlerin und Schauspielerin das „dekadente“ Image weiterhin perfekt verkörpert. Im Jahr 1853 hatte sein Urgroßvater Baron Nathaniel de Rothschild, dessen Porträt anlässlich des 150. Jubiläums übrigens auf jeder Flasche Mouton 2003 prangt, das Weingut „Brane Mouton“ erworben, das er in „Mouton Rothschild“ umtaufte, weil er seinen Gästen, ohne falsche Bescheidenheit, Wein seines Namens kredenzen wollte. Sein Gutsverwalter Theodore Galos führte erste Qualitätsverbesserungen durch. Der Quantensprung fand freilich erst unter Baron Philippe statt. Die ausschließliche Flaschenfüllung des Weines auf dem Weingut ab 1924 war seine erste damals revolutionä- re Neuerung, um alle Stufen der Produktion selbst zu gestalten. Korrespondierend etikettierte er: „Mise en bouteille au Château“. Das spektakuläre Fasslager wurde 1926 vom Architekt Charles Siclis verwirklicht. Auch bei der Personalauswahl zeigte er Geschick: Verantwortlich für die größten Weine waren der legendäre Kellermeister Raoul Blondin, der 60 Jahrgänge vinifizierte, und der Gutsverwalter Édouard Marjary. Philippe gelang es, Mouton Rothschild zur wohl bekanntesten Weinmarke der Welt aufzubauen. Der Mann war eine schillernde Persönlichkeit, dessen Motto wir in Zeiten der „correctness“ unkommentiert und wertfrei zitieren: „Wine, women and sports“. Zu seinem Märchenreich gehört auch das von ihm gestiftete Weinmuseum, das immer noch eine Hauptattraktion für Touristen im Médoc ist.

Wein und Kunst

Mouton bin ich 1Der längst fällige Ausgleich der Nivellierung hätte wohl nicht ausgereicht, um Mouton zum Inbegriff des Luxusweins zu machen. Dafür maßgeblich war die Idee des Barons, die Etiketten ab 1945 jeweils von einem anderen Künstler gestalten zu lassen. Bei dieser spektakulären Kollektion machten die bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts mit: Braque, Chagall, Kandinsky, Miró, Moore, Warhol, aber auch der Filmregisseur John Huston (1982). So einfach wie genial bekommt damit jeder Jahrgang ein eigenes Gesicht. Im „Krönungsjahr“ 1973 schuf Pablo Picasso seine Hommage für Mouton. Wie auch unsere Vertikalverkostung zeigte, gibt es keinen Wein am linken Ufer, der im Idealfall eine so schmeichelnde und unfassbare Extraktsüße geriert. Eine Serie solcher Flaschen verschaffte mir die Gewissheit, mich in jener Frühlingsnacht am sinnlichsten Stoff zu laben, den die Weinkultur bislang hervorbrachte. Die exotischen Nuancen (Orchideen-Duft wie 1949, Eukalyptus und Minze wie 1945, Kokos wie 1982, …) tauchen im Aromenspektrum auf wie eine lang ersehnte Fata Morgana in der Wüste sonst immer „ähnlicher Cabernet-Aromen“ (Johannisbeere, Cassis, Tabak, Stallgeruch).

Auf und ab

Mouton bin ich 2Bei all den Lorbeeren für Mouton, wo es auch gelang, abseits der großen Jahrgänge Erstaunliches zu schaffen (1962, 1975), sind jedoch auch die Qualitätsschwankungen berüchtigt. 1986 ist zwar ein 100 Parker-Punke Wein, aber immer noch ein monströses Ungetüm, bei dem sich die Frage stellt, ob es jemals zu bändigen sein wird. Viel problematischer ist allerdings wohl, dass Mouton nach 1986 keinen wirklich einhellig anerkannten Weltklasse-Wein hervorbrachte. Es mag sein, dass sich die Geister bei 1989 und 1990 scheiden, aber an der Spitze stehen diese Weine zweifelsfrei nicht. Es ist wohl kein Zufall, dass diese Entwicklung mit dem Abgang des Kellermeisters Raoul Blondin korreliert (Do „Blondins“ have more fun?). Hinzu kommt die Ertragssteigerung; die Trauben kommen nur teilweise vom legendären Grand Plateau im Westen des Gutes. Es ist klar, dass die Erweiterung der Produktion unter Berücksichtigung des hohen Ertrages (heute bis zu 55hl/ha) auch bei moderner Kellertechnik nicht dasselbe Extrakt hervorbringen kann wie die guten alten Jahrgänge. So kam man 1945 gerade einmal auf 50.000 Flaschen. Seit den 1970er Jahren werden mehr als 300.000 Flaschen mit Erstwein gefüllt. Dieses Phänomen gilt allerdings nicht nur für Mouton, sondern auch für andere Spitzenerzeuger. Die Jahrgänge 2000 und noch mehr 2005 weisen wieder in die richtige Richtung; noch unfertige jüngere Jahrgänge will ich hier nicht kommentieren. Für die Zweit- und Drittweine von Mouton und die mitbewirtschafteten anderen Châ- teaus fehlen in diesem Rahmen Platz und Muße. Sie versäumen nicht allzu viel.

Terroir.pur

Mouton bin ich 3Château Mouton Rothschild bewirtschaftet u. a. 80 ha (davon 76ha Rotwein) Weinberge in Pauillac, die hauptsächlich mit Cabernet Sauvignon (ca. 80%) bepflanzt sind, zudem mit Merlot (ca. 10%) und etwas Cabernet franc und Petit Verdot. Basis der Qualität ist wie immer das Terroir. Château Mouton Rothschild liegt an der nördlichen Grenze zu Saint-Estèphe und wie Château Lafite-Rothschild auf einer bis zu 30 Meter hohen Hü- gelkuppe. Die fast 10 Meter dicke Kiesauflage liegt auf einem lehmhaltigen Kalksockel; es sind fluvoglaziale Anschwemmungen der Gironde aus den Pyrenäen. Auf diesem Boden fühlt sich die Rebsorte Cabernet Sauvignon besonders wohl. Durch Kargheit werden die Erträge natürlich reduziert, der durch den Kies begünstigte Wärmehaushalt führt zu einer früheren Reife. Die Rebe wird gezwungen, die Wurzeln durch die Kiesschicht tief in den Boden zu treiben, was zur Vielfalt des Aromenspektrums beiträgt. Die Parzellen verfügen über eine hervorragende Drainage zum Vallon du Poujalet hin. Die einzelnen Rebparzellen werden getrennt geerntet und vinifiziert, um dadurch die Vielfalt und Typik zu bewahren (Mikromanagament) und zugleich eine größtmögliche Auswahl an Weinen für die spätere Assemblage zu erzeugen.

Mouton bin ich 4

Erneuerung

Mouton bin ich 6Die Konkurrenz in Pauillac ist riesengroß; Neben den Premiers Crus Lafite und Latour sei etwa beispielhaft der neue Star Pontet Canet erwähnt. Unter Direktor Philippe Dhalluin (seit 2003) kämpft Mouton mit höchstem Einsatz wieder darum, seinem Status gerecht zu werden. 2012 wurde der Keller zur Gänze erneuert, wofür die Architekten Richard Peduzzi und Bernard Mazières verantwortlich zeichnen. Die 70 Meter langen Geschoße wurden unter anderem mit 44 Holzgärständern und 20Stahltanks bestückt, auch 12ha Weinberge wurden neu bepflanzt. Wegen des unterschiedlichen Alters der Stöcke werden die Erntezeitpunkte (selbstverständlich Handlese!) separat festgelegt. Dhalluin äußerte sich im „Decanter“-Interview (09/2013), dass er keine holzlastigen Weine bevorzuge. Die Änderung der Stilistik wurde bereits im sehr stimmigen Jahrgangsergebnis 2005 spürbar. Bei allen verkosteten Spitzenjahrgängen waren die Röstaromen integriert und nicht geschmacksbestimmend (ausgenommen 1982, wo sie allerdings im Potpourri passend sind). Diese für Mouton oft als typisch bezeichnete Geschmacksstruktur dominiert meines Erachtens eher in jenen Jahrgängen, deren Substanz „aufgepeppt“ werden sollte (z.B. 2002). Das Ziel ist klar: Mouton nachhaltig wieder ganz an die Spitze zu führen. Zweifellos besteht hier Druck seitens der Experten (nicht so sehr der markenorientierten Konsumenten, vor allem aus Asien, die offenbar gerne ein Mehrfaches des Preises deutlich höher bewerteter Weine zahlen). Der vielbeschäftigte Dhalluin, der sich auch um die Joint Ventures „Opus One“ in Kalifornien und „Alma Viva“ in Chile kümmert, sieht sich am richtigen Weg, um mit seinem Erstwein längerfristig wieder zu den Besten der Besten zu gehören. Good luck!

Mouton 1945 – eine Legende der Weinwelt

Als der Jahrgang 1945 reifte, wurden die Frau und Tochter des in England weilenden Barons Philippe ins Konzentrationslager verbracht. Philippine de Rothschild, die jetzige Eigentümerin, überlebte; nicht jedoch ihre Mutter. Das Weingut wurde derweil von den Deutschen besetzt und verwaltet. Die Stöcke trieben gerade aus, als am 2. Mai – ein Jahrhundertereignis in dieser Region – Nachtfrost einfiel. Es folgte ein heißer und trockener Sommer und die natürlich ertragsreduzierten Trauben entwickelten eine Reife und Aromatik, wie man sie nur selten findet. Die Erntemenge war extrem gering; doch die Qualität war, wie wir heute wissen, die beste des Jahrhunderts. Noch wichtiger war der ersehnte Frieden: Deutschland kapitulierte am 8. Mai! Auch wenn Baron Philippe den Jahrgang 1945 nicht hatte heranwachsen sehen, war er für die Ernte, bei der er aus Mangel an Helfern selbst mitarbeitete, und die Vinifizierung verantwortlich. Legendär sind die Berichte von der einsetzenden Spontangärung in den Bottichen, die mit Eisblöcken verlangsamt wurde. Dieser große Wein wollte sich sprichwörtlich selbst erschaffen und spottet der modernen Kellertechnik Hohn: Was strengt ihr Euch an, Mouton bin ich – meine Metamorphose bestimme ich! Philippe beschloss, der Trauer um seine Frau, aber auch der Freude um seine Tochter und seinen Wein, ein Denkmal zu setzen. Ab sofort sollten die Etiketten des Château Mouton Rothschild jedes Jahr von einem bekannten Künstler gestaltet werden, damit nicht nur der Inhalt der Flaschen einmalig sei, sondern auch ihr Äußeres. Das erste Künstler-Etikett wurde von Philippe Jullian aus Bordeaux gestaltet. Wasdieses Werk noch bekannter machte als die Illustration, war der Text: 1945, Année de la Victoire. Der Jahrgang wurde somit zum Symbol des Sieges. Wiewohl Immanuel Kant zu Recht meinte, dass alles entweder einen Preis oder eineWürde habe und nur das austauschbar sei, was einen Preis habe, sei hier erwähnt, dass dieser Mouton derzeit kaum unter € 10.000,– gehandelt wird, in Großflaschen im Äquivalent deutlich darüber (aus der 4,5-l-Jéroboam bei Christie‘s zuletzt € 37.000,– je 0,75 l). Abgesehen vom Flaschenrisiko (es gibt bekanntlich keine guten Altweine, sondern nur gute Flaschen) und Fälschungsrisiko, hat der Wein in den meisten Fällen seinen Zenit bereits überschritten. Vergessen Sie zudem nicht, dass damals fassweise gefüllt wurde. Es kommt daher im besonderen Maße auf die Charge an.

Mouton Rothschild.pur

Die meisten Weine wurden am 29. April 2013 in einem Wiener Hotel verkostet und dies wurde vom Altweinspezialisten Martin Buttinger (www.vin.at) organisiert. Einige Verkostungsnotizen stammen von anderen Events und Gelegenheiten bis zum Juni 2014. Legendär ist dabei wohl die Verkostung im November 2012 bei Familie Wolf (www.weinart.at) am Attersee, bei der je eine Jéroboam (damals 4,5 l) Mouton 1945 und Petrus 1961 geöffnet wurde, was als Weltsensation bezeichnet werden kann. 2007 wurde eine solche Flasche Mouton um USD 310.700,– versteigert. Für wein.pur verkostete jeweils Wolfgang Kiechl. Nach Meinung des Autors finden sich in der (teils obersten) Weltklasse: 1945, 1947, 1949, 1961, 1962, 1975, 1982, 2000, 2003 und 2005 präsentieren sich derzeit knapp über „Exzellent“.

1945 Mouton Rothschild
Elegante, komplexe Würze: Majoran, zarte integrierte tertiäre Anklänge nach Tabak, später mit der Oxidation im Glas immer minziger! Blutorange und Pflaumen, salzige Mineralität, sehr süß am Gaumen. Weiche, aber präsente Tannine.

2. aus der Großflasche (4,5 l) im November 2012
Wirkt unglaublich jung und klar. Fast prickelnde Säure. Reife, dichte Tannine. Druckvoll am Gaumen. Es fehlt der bei 1945 oft vorhandene „Flash“ nach Minze und Eukalyptus. Meine Vermutung: Es wurde damals fassweise gefüllt, und für die Großflaschen wurden wohl Fässer der ältesten Parzellen genommen. Dafür ist die Aromatik elegant und mineralisch: Graphit! Jod-Hauch. Später sanfte Tertiär-Aromen: Tee, Torf, Apfel-Kompott. Es wurden nur 24 Jéroboams gefüllt. Eine Weltrarität, geöffnet von Carlo Wolf am Attersee.

1947 Mouton Rothschild
1. Füllung (low shoulder): Malzige, cremige Süße, dabei salzig unterlegt. Extrem süß und labend. Einer der Verkoster brachte es auf den Punkt: „Himbeersaft.pur“.
2. Füllung (gutes Füllniveau): Wie bei alten Flaschen oft, scheint dies ein anderer Wein zu sein: schmalzig, pflaumentönig. Zarter Jod-Ton. Gemeinsam ist den Flaschen die unvorstellbar schmelzige
Süße. Wird im Glas besser (Floralität steigt auf). Angeblich am Folgetag noch gewaltiger.

1949 Mouton Rothschild
Welch ein Flaschenglück, was für ein grandioser Wein! Beinahe einhellig der Sieger des Abends. Überbordender, üppiger Orchideen-Duft, ungemeine Floralität. Reif, süß, mürbe im positivsten Sinn. Trotzdem nicht abgeschliffen, sondern vollmundig mit gutem Säurerückgrat. Später steigt Mineralität auf. Keine störenden Tertiär-Töne. Zum Schluss fulminanter Minze-Duft. Laut Veranstalter kein Zufall: 1949 sei generell groß.

1955 Mouton Rothschild
Wieder opulente malzige Süße. Prägnante klare Aromen nach Weichselschale, Wacholderbeere, später Marzipan. Durchaus präsente, spürbare Tannine. Verliert langsam im Glas.

1959 Mouton Rothschild
Ausformungen eines sehr reifen Cabernet im heißen Jahr: tabakblättrig, Maggi-Kraut, dabei spürbare Mineralität. Diese Flasche ist schon weit entwickelt und über dem Zenit. Die betörende Süße lädt aber zur Nachsicht ein. Später überreife Erdbeeren!
2. Flasche (verkostet Juni 2014), diesmal wirkt er jung, beinahe makellos, keine Tertiär-Aromen. Florale Nase (Geranien, aber nicht grün), fleischig. Vielfältig komplexe Aromen, Rosmarin, ätherische Öle, später „Käsepappel“. Bei all dem schon sehr weich in der Tanninstruktur und samtig. Durch die Weichheit wirkt er nicht a priori autoritär. Knapp über dem Zenit.

1961 Mouton Rothschild
Die einst sehr kernigen Tannine sind nunmehr beinahe seidig. Der Wein hat große Tiefe und Mineralität. Voll entwickelt, aber nicht über dem Punkt. So stelle ich mir perfekte Reife vor: Tabak-Würze, dabei aber noch präsente Frucht. 1962 Mouton Rothschild Eine echte Überraschung bei der Verkostung. Präsent und frisch, um nicht zu sagen verhältnismäßig jugendlich. Extravagante Würz-Töne (Estragon, Maggikraut etc). Dabei saftig und Extrakt-tief. Karamell!

1966 Mouton Rothschild
Wieder sehr jugendlich. Schwarze Johannisbeere! Frisch, klar, Küchenkräuter. Später florale Anklänge. Unterlegt mit dem Duft nach Torf und schwarzer Erde. Sehr schlank.

1975 Mouton Rothschild
Zuerst wieder malzige Süße, klare Kirsch-Aromen, balanciert und frisch genug. Später entstehen im Glas Tertiär-Aromen nach Leder und Tabak. Schlank, aber verspielt und ungemein elegant. Eine echte
Überraschung!

1979 Mouton Rothschild
Etwas „muffig“: Humus, Torf, dahinter Feuerstein. In der Gesamttextur aber als gereifter Bordeaux mit Alterswürden erkennbar. Die Tannine sind ziemlich abgeschmolzen. Die „Essig-Wertung“ von Parker ist überzogen.

1982 Mouton Rothschild
Eine eher verschlossene Flasche; die üblichen schwelgenden Röstaromen sind nach über 30 Jahren gut integriert und nur mehr in Anklängen spürbar. Jugendliche unverbrauchte Dichte (rauchige Töne, Schwarzkohle), Humus, Würze. Mineralität in Form von „Eisen-Anklängen“. Was für ein Wein. Weit vor dem Zenit.

1983 Mouton Rothschild
Die Tannine sind bereits sehr weich am Gaumen. Dabei allerdings präsente Säure und typische Röst-Aromatik. Exotik nach „Bananen“. Auch etwas erdig.

1985 Mouton Rothschild
Wirkt noch unverbraucht. Dicht, mundfüllende Tannine. Mokka-Röstaromen. Rotbeerig, nur tertiäre Anklänge. Einer der Jahrgangsbesten.

1986 Mouton Rothschild
1. Flasche: Erkennbar durch die monströse Tanninstruktur. Ein Verkoster meinte: „Da braucht man einen Büßergürtel.“ Klare unverbrauchte Cabernet-Aromatik: Schwarze Johannisbeere, später Geranien, florale Anklänge, Graphit, Mineralität. Jahrzehnte vor dem Höhepunkt und auch vor der Genussfähigkeit.
2. Flasche: Frisch geöffnet, daher reduktiv. Dies äußerte sich in extremen Aromen wie „Urinstein“. Sehr vegetabil, unzugänglich. Manche vertreten die Auffassung, dass sich diese Tannine nicht mehr wesentlich verfeinern. Ich denke unter Hinweis auf 1961, dass man diesen Wein einfach noch 20 Jahre lang reifen lassen sollte.

1989 Mouton Rothschild
Sehr heißes Jahr, entsprechend gerbstoffreich präsentiert sich der Wein. Reif, aber noch nicht über dem Zenit: Röstaromen v. a. nach Mokka, Tabakblätter, mineralische Hinterlegung. Fleischiges Bouquet, präsentes Tannin. Parker-Wertung: 90 Punkte; hingegen beim „Wine Spectator“ famose 98 Punkte. Es scheiden sich die Geister!

1990 Mouton Rothschild
Eleganter als sein Vorgänger, es fehlt aber etwas an Druck, wieder Mokka-Anklänge, Zedernholz. Erhielt von den Kritikern im Schnitt 90 Punkte. Für den Jahrgang enttäuschend.

1995 Mouton Rothschild
Noble, klare Johannisbeer-Nase, beinahe parfümiert. Knackige Tannine. Wirkt allerdings relativ reif und schon antrinkbar. Nicht allzu komplex.

2000 Mouton Rothschild
Schwelgende Röst-Aromatik nach Zedernholz. Würziger Druck. Dicht. Massive, aber reife Tannine. Arbeitet noch an der Holz-Integration. Ein typisch opulenter Mouton. Es fehlt wohl an der Komplexität, um die Nachfolge des 1982ers antreten zu können!? Hat sich aber in den letzten Jahren sukzessive verbessert.

2002 Mouton Rothschild
Im Stile des „Doppeltoastings“. Röstaromen.pur und selbst für Mouton heftig! Gefiel Gabriel so gut, dass er die Höchstnote 20 Punkte vergab und eine Kontroverse auslöste. Für Freunde extremer Gaumenattacken. Ertragsreduktion auf 30 hl/ha im kleinen Jahr, trotzdem keine optimale Tanninreife.

2003 Mouton Rothschild
Flamboyant, fast überladen. Opulent, süffig. Beeindruckend. Geringer Ertrag im Hitzejahr. Die Gerbstoffe sind üppig, aber stimmig. Dahinter vegetabile Aromen (Spargel!), salzige Mineralität. Groß, aber doch deutlich hinter Latour in diesem Jahr.

2005 Mouton Rothschild
Schmeckte erstaunlich fertig. Er schien bereits zugänglich, dies bei einer fulminanten Aromen-Vielfalt: Marzipan, Preiselbeere, Weichsel-Anklänge, dahinter Floralität. Sehr angenehme Tanninstruktur, nicht „overtoasted“. Da stimmt die Parker-Wertung (96 Punkte); könnte in 20 Jahren ein ganz Großer werden!